Was für ein wundervolles Buch von Bernhard Pörksen zum Thema Zuhören – und auch zum Thema sozialer Wandel. Dieser Medienwissenschaftler legt eine Philosophie des Zuhörens vor, die wesentliche Unterscheidungen einführt, der Frage nachgeht, warum viele Menschen oft nicht zuhören („wissende Ignoranz“) und der auch die hochaktuelle Frage beantwortet, „Wem man zuhören soll und wem nicht“. Dazu sagt er nämlich ganz einfach:
…. einige Zitate:
„Es kommt darauf an.“ (S. 38) Und: „Meine Einschätzung des Kontexts ist gefordert, meine Entscheidung, ob ich dem anderen Gehör schenke und ob dies sinnvoll, nützlich und angebracht erscheint, wird verlangt.“ (S. 37) Ich sage manchmal in meinen Seminaren: „Zuhören ist keine Zwangsveranstaltung – es ist eine Wahl.“
Mir gefällt auch seine Skepsis gegenüber dem Zuhören als Allheilmittel. Er schreibt, „dass sich die Forderung, man solle einander endlich zuhören,(…) in eine Leerformel der politischen Rhethorik verwandelt hat; sie ist ein Symptom eines kultischen Glaubens an die universale Heilkraft der Kommunikation.“ (S. 47)
Und zum Thema „gehört werden“ sagt er auch etwas zentrales: „Wer für das Gehörtwerden eintritt, sollte nicht in Wahrheit Gehorsam verlangen oder auf die punktgenaue Umsetzung der Einfälle drängen. (…) Gehört werden heißt eben nicht erhört werden.“ (S. 254)
… und was hat das alles mit sozialem Wandel zu tun?
Zuhören liegt jeder Veränderung zugrunde. Und das Buch hat vier Kapitel, die Pörksen unter die Überschrift „Praxis des Zuhörens“ stellt:
- Der vertuschte Missbrauch an der Odenwaldschule
- Das Ringen um Empathie im Ukrainekrieg
- Utopien des Silicon Valley
- Die unbequeme Wahrheit der Klimakrise
Besonders gefällt mir an diesen Studien, dass sie sich diesen Welten vor allem auch dadurch widmen, dass sie von den wiederkehrenden Begegnungen des Autors erzählen. Begegnungen und Gespräche mit Menschen, die ihre ganz eigenen Wege finden, um gegenwärtigen Herausforderungen zu begegnen – und die dadurch einen Unterschied machen.
Danke. Macht mich neugierig